Donnerstag, 6. Oktober 2016

Baschneft: Privatisierung an den Staatskonzern

Ölpumpe von Bashneft - Quelle: Wikimedia Commons

Zwei Jahre ist es her, dass der russische Oligarch Jewtuschenkow für einige Wochen unter Hausarrest gestellt wurde. Seine Freiheit erlangte er erst wieder, als er sein größtes Unternehmen, den Ölkonzern Baschneft, in staatliche Hände übergeben hatte. Seitdem wird immer wieder diskutiert und spekuliert, wie mit Jewtuschenkows "Lösegeld" verfahren werden soll.

Das Unternehmen Rosneft unter der Führung des mächtigen Igor Setschin hatte schon vor der Enteignung von Jewtuschenkow Interesse an einer Übernahme von Baschneft signalisiert. Einige Beobachter sahen deshalb auch Setschin als treibende Kraft hinter den Ermittlungen gegen Jewtuschenkow. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Eigentümer interessanter Unternehmen durch Gerichtsverfahren "weichgeklopft" werden. Ähnliche Erfahrungen mussten etwa auch die Unternehmen Telenor, Shell und BP in Russland machen.

So war es etwas unerwartet, als Baschneft dann nicht den direkten Weg in die Hände von Setschin fand. Stattdessen sollte es privatisiert werden. Mit dem tiefen Fall der Ölpreise wurde diese Option auch aus finanzpolitischer Sicht immer interessanter: Der Finanzminister Siluanow plante die Erlöse aus der Privatisierung fest in das defizitäre Budget für 2016 ein (es geht immerhin um ca. 300 Milliarden Rubel). Um einen möglichst hohen Preis für das Unternehmen zu erzielen, sollte es an den Meistbietenden verkauft werden.

Setschins Liebe zu Baschneft war indessen nicht erloschen, allerdings machten die Privatisierungspläne die Lage für ihn komplizierter. So wurde ab Anfang 2016 diskutiert, ob nicht auch ein Staatskonzern wie Setschins Rosneft an der Privatisierung teilnehmen dürfte. Das widerspricht natürlich dem ökonomischen Grundgedanken jeder Privatisierung, der darin besteht, dass private Eigentümer effizienter wirtschaften als die Manager des Staates.

Schließlich sprach Putin ein Machtwort und erlaubte Rosneft die Teilnahme an der Baschneft-Auktion. Er begründete das mit den Staatsfinanzen: Je mehr Unternehmen mitmachen, um so höher der Preis, und um so geringer das Defizit im Haushalt. Allerdings intensivierte die Teilnahme von Rosneft an der geplanten Auktion nicht den Wettbewerb um Baschneft, sondern beendete ihn de facto. Es war schlichtweg nicht vorstellbar, dass Rosneft den Zuschlag nicht bekommen würde. Um das zu verstehen genügt ein Blick in die Geschichte russischer Staatsauktionen. Private Anbieter wie Lukoil hätten keine Chance.

Laut Nachrichtenagentur Interfax hat man sich daher offensichtlich entschieden, die Auktions-Farce vollständig abzusagen, und stattdessen dem Konzern Rosneft direkt angeordnet, Baschneft vom Staat zu kaufen. Der Vorteil für das Finanzministerium besteht hierbei vor allem darin, dass die Mittel aus der Privatisierung noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen.

Apropos "Privatisierung": Das ist es ja eigentlich nicht mehr. Wie hat man dieses Problem argumentativ gelöst? Indem man Rosneft kurzerhand zu einem Privatunternehmen erklärt hat. Schließlich gehört es nicht direkt dem Staat, sondern dem Staatskonzern Rosneftegas. Also ist es nicht direkt im Staatsbesitz. Auf Russisch ist dies eine "Laseika" - ein Schlupfloch. Da alle Beteiligten diese Laseika sehen wollen, ist sie auch da.

Das "Privatunternehmen" Rosneft kauft also auf eine Direktive der Regierung hin Baschneft. Auch wenn die Privatisierung an Rosneft etwas nach "rechte Tasche - linke Tasche" klingt, hat sie doch Auswirkungen. Setschin ist natürlich mehr als nur ein angeheuerter Manager von Rosneft. Der Konzern begründet Setschins Einfluss innerhalb der russischen Elite. In der Privatisierung gibt er nun einen Teil der beträchtlichen Barreserven von Rosneft an den Staatshaushalt ab und bekommt dafür die Kontrolle über ein weiteres, großes Ölunternehmen.

Update: Inzwischen ist die Direktive der Regierung offiziell veröffentlicht worden: http://government.ru/news/24796/